Bundesverdienstkreuz 1. Klasse

„Um deutsch-polnische Beziehungen verdient gemacht“

Ehrungen für Bernd Hinz: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und Ehrenwolf von Pisz

Eine Laudatio von Bernhard Knapstein

Bundespräsident Joachim Gauck hat den AKP-Vorsitzenden Bernd Hinz (69) am 15. Dezember 2015 für seine herausragenden Verdienste um die deutsch-polnischen Beziehungen mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Im Auftrage der Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, händigte NRW-Staatssekretär Thorsten Klute Orden und Urkunde aus.

Erst kurz zuvor wurde Hinz, dem Ehrenbürger der Stadt Pr. Holland/Paslek, der Bronzene Ehrenwolf des Kreises Johannisburg/Pisz verliehen, die höchste Auszeichnung der Gebietskörperschaft, die seine Verdienste um die deutsch-polnischen Beziehungen würdigte. Das versteht, wer die Entwicklungen im Vertriebenenbereich kennt.

 

Manchmal muss man Hoffnungen fahren lassen und komplett neue Wege gehen. Das ist eine Binsenweisheit, aber in der Politik – zumal in großen politischen Fragestellungen, können untergehende Hoffnungen besonders hart sein. Ein Schicksal, das die organisierten deutschen Heimatvertriebenen getroffen hat, die – bis zu den Verhandlungen um die Wiedervereinigung – an eine Rückkehr in ihre Heimat geglaubt haben.

Der Zusammenbruch der kommunistischen Machtsysteme brachte für Deutschland letztlich aber eine Wiedervereinigung ohne die Ostgebiete. Das zu realisieren, ist ein Vorgang, den manche Heimatvertriebene bis heute nicht umsetzen können. Dafür muss man insoweit Verständnis haben, als das Trauma der Vertreibung und der Verlust von Heimat etwas zutiefst Prägendes ist.

Es gibt aber auch einen großen Anteil von Heimatvertriebenen, die den Verlust der Heimat realisiert haben, aber dagegen ankämpfen und sich darum bemühen, Strategien zu entwickeln, um möglichst auf politischem Wege die neuen Tatsachen zu revidieren. Zuletzt gibt es nur einige wenige Ausnahmeerscheinungen, die die neuen Realitäten aufgreifen, um von diesem neuen Ausgangspunkt über das Notwendige, das Machbare und das Sinnstiftende nachzudenken und letztlich auch neu anzugehen. Im gesamten Bund der Vertriebenen ist Bernd Hinz einer dieser ganz, ganz wenigen Persönlichkeiten, die diese flexible, die nachjustierbare Visionskraft, aber auch ein ausgeprägtes Gefühl für die Sensibilitäten beim Gegenüber besitzen und damit arbeiten können.

Als Bernd Hinz im Jahr 2000 erstmalig im Rahmen eines Kommunalpolitischen Kongresses ostpreußische Heimatkreisvertreter und polnische Landräte zusammenbringen wollte, war mir der Sinngehalt noch nicht einleuchtend. Zu weit entfernt schienen, nein waren sich Polen und Deutsche damals. Die Brücken, die im Kleinen, im zwischenmenschlichen Bereich natürlich möglich waren und funktionierten, erschienen angesichts des deutsch-polnischen Gegensatzes – unter Einbeziehung vertriebenenpolitischer Fragestellungen wohlgemerkt – nicht ausbaufähig. Das war damals keine rein deutsche Sichtweise, sondern durchaus auch von polnischer Seite aus so gesehen worden. Genau das zeigte sich bei jenem sagenhaften Kongress im Oktober 2000 in Frankfurt / Oder. Vertriebene und mehrere höchste polnische Kommunalvertreter sitzen zusammen – allein das war schon ein kleines Wunder! Man konnte regelrecht beobachten, wie die polnischen Politiker sich gegenseitig beäugten, wenn Heimatvertriebene, die sich bis heute als ideelle Landräte ihres Altkreises verstehen, über die deutschen Wurzeln ihrer Heimat sprachen und auch von Polen ein Anerkenntnis zum Akt der Vertreibung einforderten. Der Argwohn war gewaltig. Es hat Jahre gedauert, diese Nuss zu knacken. Weder Berlin noch Warschau oder die Deutsch-Polnische Gesellschaft haben sich dazu getraut – auch das gehört zur Vollständigkeit des Bildes. Vertriebenenpolitische Fragestellungen galten in den bilateralen Gesprächen als „proposita non grata“.

Es ist Bernd Hinz zu verdanken, dass dies in Polen bei vielen politischen und diplomatischen Kräften heute anders gesehen wird. Ich selbst habe diese Visionskraft in Frankfurt/Oder mit fasziniertem Interesse zur Kenntnis genommen, für richtig befunden und begleite seither die Kongresse aktiv.

Wir hatten große Herausforderungen in den folgenden Jahren, die ausschließlich von außen auf uns zukamen. Bernd Hinz hat seine für richtig erkannte Linie weiter verfolgt und den Verständigungsprozess unbeirrt und mit großem Engagement vorangetrieben. Er wusste, sein Weg war der einzig gangbare. Die Gründung der AKP resultiert daraus und war aufgrund der sich abzeichnenden Konfrontation im landsmannschaftlichen Bereich eingeleitet worden. Im Oktober 2005 saßen wir beim Kommunalpolitischen Kongress in Dresden zusammen. In unserer Runde waren Dr. Wolfgang Schäuble und Dr. Thomas de Maiziere, die beide für das Kabinett der neuen Bundesregierung im Plan waren. In ihrem Beisein haben wir die Gründung der AKP vollzogen und verkündet. Seither ist der Verständigungs- und Annäherungsprozeß auf neuen Schienen.

Wir leben in einer Zeit von großer Skepsis und Zweifel gegenüber der Europäischen Union, die just in dieser kritischen Phase auch noch die wenigen Mittel für Partnerschaftsarbeit streicht und somit nicht selbst dazu beiträgt, europäische Visionskraft neu zu stärken. In solchen Zeiten fehlender Visionen der politischen Kräfte und einer breiten Unfähigkeit, als „alternativlos“ bezeichnete Entscheidungen an gesellschaftlichen Entwicklungen und wachsender Kritik zu reflektieren, tun Menschen wie Hinz einfach gut. Menschen, die sich getrauen, neue Alternativen zu entwickeln und sie vermeintlicher Alternativlosigkeit entgegenzusetzen.

Deutschland braucht solche Visionäre! Europa braucht solche Visionäre! Der Bundespräsident hat Bernd Hinz das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse zu Recht verliehen!